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Was macht eigentlich … ein Holzmöbelrestaurator?
Alte Möbel sind beliebt – und manchmal beschädigt. Wer Antiquitäten im alten Glanz samt Funktionalität mag, ist beim Restaurator richtig.
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Eva Bodenmüller
29. Dezember 2015
Houzz Deutschland Contributor. Freie Autorin mit Faible für Architektur und Technik, Garten und Kulinarik
Houzz Deutschland Contributor. Freie Autorin mit Faible für Architektur und Technik,... Mehr
Wenn der Lack ausgeblichen ist, das Furnier sich löst und die Möbelfüße nicht mehr halten, wird es Zeit für den Restaurator. Was aber macht der genau mit dem Lieblingsmöbel? Kann jeder Restaurator alles? Und ist es sinnvoll, den abgebrochenen Fuß oder das abgeplatzte Furnierstück mit dem Möbel in die Werkstatt zu bringen? Wir haben bei Fabian S. Beer aus München nachgefragt, einem Experten für die Restaurierung von Holzmöbeln.
An einem Material wie Holz geht die Zeit nicht spurlos vorüber; zumal wenn ein Möbelstück viel benutzt wird. Durch Mensch und Umwelteinflüsse entstehen Gebrauchsspuren und Verschleißerscheinungen. „Niedrige Luftfeuchtigkeit beispielsweise ist grundsätzlich schädlich für historische Möbel“, erklärt Restaurator Fabian Beer. Er hat im Sommer 2015 – nach einer dreijährigen Ausbildung zum staatlich geprüften Restaurator für Möbel und Holzobjekte – den Münchner Betrieb von seinem Vater übernommen. Der Senior Franz Xaver Beer hat sich nach Niederbayern zurückgezogen, wo er weiterhin als Restaurator arbeitet.
Wer sein Möbelstück erhalten möchte, bringt es am besten zum Restaurator. „Grundsätzlich gibt es zwei Ansätze“, erläutert Beer. „Konservieren, wie es in Museen geschieht, oder die Funktionalität erhalten mit Kompromissen bei der historischen Genauigkeit.“ Schließlich kommt es im privaten Umfeld eher darauf an, dass der Stuhl weiter benutzt werden kann, die Schubladen der Kommode wieder laufen oder die Tischfläche glänzt wie neu. Das bedeutet für ihn allerdings nicht, bei der Restaurierung privater Aufträge auf historische Materialien zu verzichten. „Wir legen sehr viel Wert darauf, möglichst originalgetreu und mit historischem Material zu arbeiten“, sagt Beer. „Das unterstreicht den Charme eines alten Möbelstücks.“ Generell verwendet er möglichst gesundheitlich unbedenkliche Stoffe.
Bild 1-10: Schritte der Restaurierung eines Barockkommoden-Paares
Bild 1-10: Schritte der Restaurierung eines Barockkommoden-Paares
Es ist ein wenig wie bei einem Universalgelehrten vergangener Zeiten, wenn Beer von seiner Arbeit berichtet. Nicht allein das Fingerspitzengefühl macht einen guten Restaurator aus; er muss etwa auch über die Löslichkeit und Wirkung von verschiedenen Leimen und Beizmitteln Bescheid wissen. Hinzu kommt die Kenntnis unterschiedlicher Holzarten und wie sie anhand von bestimmten Merkmalen erkannt werden können. Zusätzlich muss sich ein Restaurator auch noch in der Kunstgeschichte auskennen. „Nicht jeder Kunde weiß ganz genau, aus welcher Epoche sein Möbelstück ist. Dann muss ich als Restaurator anhand von Stil und Bauweise erkennen können, wie alt es ist“, erläutert Beer. Nur so kann er es fach- und epochengerecht restaurieren.
Für jedes Objekt plant der Restaurator jeden Arbeitsschritt individuell und in Absprache mit dem Kunden. Wenn etwa das Holz angegriffen ist, muss Beer häufig konstruktiv arbeiten und ganze Teile eines alten Möbelstücks ersetzen. Bei Schäden am Furnier oder ausgeblichenem Holz geht es dagegen eher um regenerative Restaurierung, bei der die Optik im Vordergrund steht. Meist sind jedoch beide Arbeitsschritte erforderlich.
„Der Kunde kann auch gerne abgebrochene Teile des Möbelstücks mitbringen. Dann sehen wir, wie es im Originalzustand ausgesehen hat“, sagt Beer. „Ein Stück des Furniers setzen wir nach Möglichkeit auch wieder ein. Nichts ist so gut wie das Original.“
„Der Kunde kann auch gerne abgebrochene Teile des Möbelstücks mitbringen. Dann sehen wir, wie es im Originalzustand ausgesehen hat“, sagt Beer. „Ein Stück des Furniers setzen wir nach Möglichkeit auch wieder ein. Nichts ist so gut wie das Original.“
Nach der ersten Schätzung der Restaurierungsarbeiten beginnt die tatsächliche Arbeit am gesäuberten Möbelstück. „Zuerst machen wir eine konstruktive Verleimung am Furnier und Blindholz. Das heißt, dass wir die losen Holz- und Furnierteile leimen und eventuell auch schon ergänzen“, erläutert Beer.
Zwischen die geleimten Stellen des Möbelstücks und die Zulagen oder Beilagen genannten Brettchen, die Druckspuren durch die Schraubzwingen verhindern sollen, kommt Papier. Es lässt sich nach dem Trocknen des Leims mit ein wenig warmem Wasser einfach entfernen. „Wir verwenden meist historischen Leim, Glutinleim, auch als Knochen- oder Hautleim bekannt. Er ist wasserlöslich und natürlich“, sagt Beer.
Zwischen die geleimten Stellen des Möbelstücks und die Zulagen oder Beilagen genannten Brettchen, die Druckspuren durch die Schraubzwingen verhindern sollen, kommt Papier. Es lässt sich nach dem Trocknen des Leims mit ein wenig warmem Wasser einfach entfernen. „Wir verwenden meist historischen Leim, Glutinleim, auch als Knochen- oder Hautleim bekannt. Er ist wasserlöslich und natürlich“, sagt Beer.
In einem weiteren Schritt erneuert Beer die Holzteile, die nicht mehr zu retten sind. „Bei Kommoden müssen wir häufig die Laufleisten ergänzen oder gar ersetzen“, so Beer. Er versucht dabei, das Möbelstück nicht gänzlich auseinanderzunehmen, sondern allenfalls die Rückwand zu entfernen.
„Auch Füße sind recht anfällig für Verschleiß“, so Beer. Nicht immer sind die Originalfüße erhalten. Dann muss der Restaurator improvisieren und mit Rekonstruktionen arbeiten. Die lässt er vom passenden Fachmann machen, beispielsweise einem Drechsler. Auch in diesen Prozess ist der Kunde eingebunden, kann etwa selbst entscheiden, welche der rekonstruierten Varianten sein Möbelstück ergänzen soll. Bei dieser Barockkommode hat er sich für das mittlere Fußmodell entschieden.
Intarsienarbeiten sind wahre Kunstwerke. „Wenn wir die Intarsien nicht retten können oder das ursprüngliche Furnier nebst Einlegearbeiten schon gar nicht mehr vorhanden ist, müssen wir rekonstruieren“, beschreibt Beer. Meist sind im Blindholz des Möbels noch feine Linien vom Messer des Intarsienlegers zu sehen. Anhand dieser Konturen arbeitet der Restaurator dann nach.
Häufig ist das Furnier über die Jahre ausgeblichen. Um die Kontraste des Holzes und der Intarsien wieder stärker hervorzuheben, wird das Möbelstück „angefeuert“. Bei diesem Vorgang wird das Holz mit einem speziellen Öl eingerieben. Dadurch tritt die Maserung des Holzes wieder stärker hervor.
Beschläge, die noch intakt sind, poliert der Restaurator auf, auch wenn sie nicht aus Holz sind. „Wir reinigen die Beschläge und bringen sie wieder zum Glänzen. Wenn sie ersetzt werden müssen, macht das ein Schmied für uns“, sagt Beer.
Der Abschluss jeder Holzmöbel-Restaurierung ist die Oberflächenbehandlung. „Schellack ist die schwierigste Politur. Es dauert bis zu fünf Jahren, um das gut zu können“, erklärt der Restaurator. Die harzartigen Ausscheidungen der Lackschildlaus werden seit Jahrhunderten verwendet. Schellack wird in mehreren Schichten aufgetragen und dann mit immer feiner werdendem Schleifpapier zum Glänzen gebracht. Im neunzehnten Jahrhundert entwickelte sich die Schellackballenpolitur, bei der der Schellack mit einem Polierballen aus Leinen in vielen dünnen Schichten aufpoliert wird. „Druck, Temperatur, aufgetragene Menge und Lösungsmittelanteil spielen dabei eine große Rolle“, erläutert Beer. „Maschinell lässt sich das nicht machen.“ Obwohl dies sicher lukrativ wäre. Denn allein eine Ballenpolitur mit Schellack benötigt oftmals bis zur Hälfte der Zeit der gesamten Restaurierung.
Möbel aus der Zeit vor dem neunzehnten Jahrhundert werden nicht mit Schellack behandelt, sondern meistens mit Wachsen, Ölen oder anderen Naturharzen. Die Politur geht jedoch nur unwesentlich schneller.
Nicht jeder Möbelrestaurator übernimmt jede Arbeit. Fabian S. Beer macht alles – jedenfalls alles aus Holz. Kommen jedoch andere Materialien ins Spiel, etwa Kunststoff, Glas oder Metall, weil sie in einem Möbelstück verwendet wurden und ebenfalls restauriert werden müssen, greift er auf die Expertise anderer Kollegen zurück, die sich auf diese Materialien spezialisiert haben. Es gibt auch Restauratoren, die sich auf bestimmte Zeiträume spezialisiert haben, etwa auf Antiquitäten aus Biedermeier und Jugendstil oder dem Barock. Denn jede Zeit hat ihre eigenen Techniken und Materialien.
Andere Restauratoren
Es gibt auch Maurer, Maler und Lackierer, Buchbinder, Stuckateure, Raumausstatter, Parkettleger und weitere Handwerker, die sich in puncto Restaurierung (staatlich geprüft) weiterbilden. Zudem kann Restaurierung an Hochschulen studiert werden; auch während des Studiums erfolgt eine Spezialisierung – zum Beispiel auf Wandmalerei, Stein, Papier, Textilien, Glas oder Film und Datenträger und so weiter. Für jedes Material, jedes Handwerk und jeden Objekttyp gibt es Spezialisten.
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