Houzzbesuch
Architektur
Innenausbau
Architektur: Mittelalterfachwerk trifft 21. Jahrhundert in Quedlinburg
Diese Fachwerkruine entpuppte sich als eines der ältesten Häuser in Sachsen-Anhalt – dank Restaurierung und Anbau wird es nun wieder bewohnt
Wir befinden uns in Quedlinburg, dem sächsisch-anhaltinischen Fachwerkstädtchen mit Unesco-Weltkulturerbe-Status. Wer etwas über die Königspfalz im Frühmittelalter erfahren möchte, dem sei eine Reise in das größte Flächendenkmal Deutschlands mit über 2000 Fachwerkhäusern aus acht Jahrhunderten ans Herz gelegt.
Das von drei Partnern geführte Architekturbüro Qbatur, vor 15 Jahren gegründet, hat bis heute ungefähr 70 dieser Quedlinburger Häuser saniert. Da lernt man das Potential der jahrhundertealten örtlichen Bausubstanz ein- und wertschätzen: „Wir haben das Fachwerkhaus in der Breiten Straße als vom Einsturz bedrohte Bauruine erworben und Sicherungsmaßnahmen vorgenommen. Dann begann die Suche nach einem Bauherren“, sagt Rudolph Köhler, einer der Partner. Die Architekten wurden fündig. Ein Unternehmer und seine Frau erlebten bei der Besichtigung der Immobilie ein seltenes Phänomen: Liebe auf den ersten Blick.
Das von drei Partnern geführte Architekturbüro Qbatur, vor 15 Jahren gegründet, hat bis heute ungefähr 70 dieser Quedlinburger Häuser saniert. Da lernt man das Potential der jahrhundertealten örtlichen Bausubstanz ein- und wertschätzen: „Wir haben das Fachwerkhaus in der Breiten Straße als vom Einsturz bedrohte Bauruine erworben und Sicherungsmaßnahmen vorgenommen. Dann begann die Suche nach einem Bauherren“, sagt Rudolph Köhler, einer der Partner. Die Architekten wurden fündig. Ein Unternehmer und seine Frau erlebten bei der Besichtigung der Immobilie ein seltenes Phänomen: Liebe auf den ersten Blick.
Immobilien-Schätze aus den vergangenen Jahrhunderten sind in Quedlinburg keine Seltenheit. „Durch die Bauforschung ist unsere Stadt in den letzten Jahren 200 Jahre älter geworden“, sagt Rudolph Köhler, einer der Partner des Büros. Auch die Untersuchung in Marktplatznähe gelegenen Hauses in der Breiten Straße 11-12 förderte eine Sensation zu Tage: Wie der Bauforscher Frank Högg bei einer dendrochronologischen Untersuchung der Balken herausfand, stammt das über die Jahrhunderte immer wieder umgebaute Haus in seiner Grundstruktur aus dem Jahr 1330!
Ergänzt und erweitert wird es nun durch einen modernen Anbau aus zweischaligem Mauerwerk, der mit recyceltem Backstein verkleidet wurde.
Ergänzt und erweitert wird es nun durch einen modernen Anbau aus zweischaligem Mauerwerk, der mit recyceltem Backstein verkleidet wurde.
„Anfangs haben wir das nicht geahnt, aber es fanden sich schnell Indizien für das hohe Alter des Hauses: Man sah es schon an den Balken, die gebeilt und nicht gesägt wurden“, erklärt Köhler.
Nach der Sicherung des Gebäudes fanden sich in einem aus Paderborn stammender Bauunternehmer (mit einer metallverarbeitenden Fabrik im benachbarten Aschersleben) und dessen Frau die neuen Eigentümer. Das angrenzende Eckgrundstück kauften sie von einem städtischen Sanierungsträger dazu, und Qbatur, allen voran Planer Ulrich Queck, entwickelten zwei Entwürfe – „einen traditionellen und einen modernen“, sagt Köhler. Sie waren positiv überrascht, als die Wahl der Bauherrschaft auf die moderne Variante fiel.
Nach der Sicherung des Gebäudes fanden sich in einem aus Paderborn stammender Bauunternehmer (mit einer metallverarbeitenden Fabrik im benachbarten Aschersleben) und dessen Frau die neuen Eigentümer. Das angrenzende Eckgrundstück kauften sie von einem städtischen Sanierungsträger dazu, und Qbatur, allen voran Planer Ulrich Queck, entwickelten zwei Entwürfe – „einen traditionellen und einen modernen“, sagt Köhler. Sie waren positiv überrascht, als die Wahl der Bauherrschaft auf die moderne Variante fiel.
Bei der Straßenfassade des Fachwerkhauses handelt es sich um einen barocken Umbau, den die Architekten von Qbatur restauriert und repariert haben. Dazu wurde sie innenseitig mit einer Leichtlehmschicht gedämmt, die gleichzeitig stabilisierend wirkt. „Die Gefache, in denen im Barock Gipsestrich vermauert wurde, hat man damals so bemalt, dass sie Marmorplatten ähneln sollten“, sagt Köhler. „Diese Farbfassung haben wir restaurieren lassen.“
Heute betritt man das Gebäude über den historischen Teil und gelangt in diesen Flur, von dem es über drei Stufen in den Wohn- und Essbereich mit Küche geht. Linker Hand liegen die Garderobe, ein Bad und ein Hauswirtschaftsraum.
Aus dem Wohnzimmer führt eine Betontreppe in das erste und zweite Obergeschoss. Die Küche liegt auf der Straßenseite, das Esszimmer auf der Hofseite.
Im Neubauteil des ersten Obergeschosses befindet sich dieses zweite Wohnzimmer, das dank Galerie zum zweiten Obergeschoss hin geöffnet ist.
Während alte und neue Elemente deutlich voneinander zu unterscheiden sind, ziehen sich doch dieselben Materialien durch beide Teile des Gebäudes. Als Bodenbelag wurden geölte Eichendielen gewählt. Im Garten liegen Eichenplanken und auch die Fenster sind woraus? Richtig, aus Eiche. In das Fachwerkhaus ließ man dreifach isolierverglaste Kastenfenster nach historischem Vorbild einbauen.
Während alte und neue Elemente deutlich voneinander zu unterscheiden sind, ziehen sich doch dieselben Materialien durch beide Teile des Gebäudes. Als Bodenbelag wurden geölte Eichendielen gewählt. Im Garten liegen Eichenplanken und auch die Fenster sind woraus? Richtig, aus Eiche. In das Fachwerkhaus ließ man dreifach isolierverglaste Kastenfenster nach historischem Vorbild einbauen.
Vom Innenhof aus lässt sich die Organisation der alten und neuen Strukturen gut ablesen. Unter der holzverschalten Fassade des Fachwerks liegen die zwei Gefache aus der Erbauungszeit. Im Erdgeschoss haben die Architekten geschosshoch die Fassade verglast, weil die alte Substanz hier nicht erhalten war: „Wo es keinen Bestand mehr gibt, ergänzen wir mit modernen Mitteln, da wir denken, dass sie die alten Teile eher stärken als sie zu schwächen“, sagt Köhler. Rechts unten, im neuen Gebäudeteil befindet sich ein Carport. Vom darüber liegenden Wohnzimmer kann man eine erhöhte Terrasse betreten.
Das heutige Haus mit insgesamt 185 Quadratmetern besteht zur Hälfte aus der alten Bausubstanz (rechts) und dem Neubau (links).
Die Teile greifen ineinander und lassen einen Wohnraum entstehen, der Geschichte und Gegenwart miteinander vereint. Nicht alles, was alt ist, muss zum Museum werden – weiter darin zu wohnen, ist mindestens genauso schön.
Die Quedlinburger sind Bewahrer des Alten und nicht gerade auf der Suche nach Innovationen. Die denkmalgeschützten Häuser der Stadt werden allüberall von Privatleuten am Leben erhalten.
2013 fertiggestellt, hatte der Hybrid aus spätmittelalterlichen und heutigen Elementen jedoch keine Schwierigkeiten, von den Nachbarn und ganz Quedlinburg akzeptiert zu werden. Es mag daran liegen, dass der Neubau in der Manier eines David Chipperfield – man denke an dessen Galeriehaus am Kupfergraben in Berlin – zwar moderne Mittel einsetzt, dabei jedoch an Architekturtraditionen anknüpft, statt um jeden Preis auffallen zu wollen. Der recycelte Backstein tut das Seine dazu.
2013 fertiggestellt, hatte der Hybrid aus spätmittelalterlichen und heutigen Elementen jedoch keine Schwierigkeiten, von den Nachbarn und ganz Quedlinburg akzeptiert zu werden. Es mag daran liegen, dass der Neubau in der Manier eines David Chipperfield – man denke an dessen Galeriehaus am Kupfergraben in Berlin – zwar moderne Mittel einsetzt, dabei jedoch an Architekturtraditionen anknüpft, statt um jeden Preis auffallen zu wollen. Der recycelte Backstein tut das Seine dazu.
Und ein gewisses Bauherrenpaar aus Paderborn hat sich mit der Errettung und Wiederbelebung dieses uralten Schmuckstückes – und mithilfe ihrer engagierten Architekten – auch schnell in die Gemeinschaft integriert.
Bauwissen: So gelingen Anbauten mit Charakter >>>
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Hier wohnen: ein aus Paderborn stammender Unternehmer mit seiner Frau
Auf: 185 Quadratmetern, wobei der historische und der moderne Teil etwa gleich groß sind
In: Quedlinburg, Sachsen-Anhalt
Experten: Qbatur Planungsgenossenschaft
Fotos: Steffen Spitzner