Poesie in Stahl – freitragende Treppen von Spitzbart
Wange, Stufe, Geländer – das sind die Elemente, aus denen man Treppen baut. Ein bayrisches Unternehmen bringt das zu brachialer Perfektion
Die Firma Spitzbart gibt es seit 40 Jahren. Das Familienunternehmen aus Oberasbach ist Spezialist für das Gewerk freitragende Treppe – in Stahl, muss man hier zwingend hinzufügen. Und genau dieser Werkstoff, den die Spitzbarts in seiner rauen Unbelassenheit lieben, macht die Firma so besonders.
Etwa 35 Mitarbeiter hat das bayrische Unternehmen heute, Tendenz steigend. „Ja, wir wachsen seit einigen Jahren“, sagt Margit Spitzbart. Im Team gibt es Metallbauer, Metallbaumeister, Diplom-Ingenieure und Kaufleute. „Wir decken alle Bereiche ab.“ Neben der eigenen Designabteilung, die Margit Spitzbart mit ihren Mitarbeitern führt, arbeitet das Unternehmen auch eng mit externen Designern und Architekten zusammen; neben einem festen Sortiment verschiedener Treppenmodelle gibt es zahlreiche Sonderanfertigungen.
Eine Treppe gibt es ab 5000 bis 6000 Euro pro Geschoss; in der Regel sollte man aber eher circa 10.000 Euro pro Geschoss veranschlagen.
Eine Treppe gibt es ab 5000 bis 6000 Euro pro Geschoss; in der Regel sollte man aber eher circa 10.000 Euro pro Geschoss veranschlagen.
Die Spezialität von Spitzbart ist die Fertigung aller Treppen aus purem Walzstahl. „Wir lassen das Material so, wie es aus dem Walzwerk kommt. Wir behandeln lediglich die Oberfläche mit einem Öl auf Leinbasis. Das funktioniert wie bei Holz: Je öfter sie das ölen, desto schöner wird es“, erklärt Margit Spitzbart. Die verwendeten Stahlbleche sind fünf bis zwölf Millimeter dick. „Das klingt nach wenig, ist aber verdammt schwer.“ So wiegt eine Stahltreppe je nach Modell 500 bis 600 Kilo pro Geschoss.
Im Bild: Metallbaumeister Wolfgang und Christoph kümmern sich um eine Spindeltreppe.
Im Bild: Metallbaumeister Wolfgang und Christoph kümmern sich um eine Spindeltreppe.
Das sind die Spitzbarts. Bis auf Sohn Tobias sind hier alle vertreten. Von links nach rechts: Daniel, Margit und Klaus Spitzbart und die Mitarbeiterinnen Conny und Kirsten.
Die Treppen werden in der firmeneigenen Werkstatt in Oberansbach bei Nürnberg oft schon vollends zusammengefügt und dann zum Montageort gebracht. Die Teile werden per Lasercut geschnitten und dann verschweißt. Dass man dabei die Schweißnähte nicht verbirgt, ist Teil des konstruktions-ehrlichen Spitzbart-Konzeptes. Bei der Fertigung kann es übrigens ziemlich laut werden, denn Stahlbau ist Schwerstarbeit.
Ist eine Treppe vollendet und soll eingebaut werden, wird es oft kompliziert. In München, wo inzwischen aufgrund der hohen Gebäudedichte immer mehr Dachgeschosse zu Wohnraum umgewandelt werden, ist die Anlieferung per Kran ins fünfte Stockwerk keine Seltenheit.
Im Bild oben zu sehen ist das Team der Metallbauer in ihrem 500 Quadratmeter großen Reich. Links: Schlosser Victor bei der Arbeit.
Ist eine Treppe vollendet und soll eingebaut werden, wird es oft kompliziert. In München, wo inzwischen aufgrund der hohen Gebäudedichte immer mehr Dachgeschosse zu Wohnraum umgewandelt werden, ist die Anlieferung per Kran ins fünfte Stockwerk keine Seltenheit.
Im Bild oben zu sehen ist das Team der Metallbauer in ihrem 500 Quadratmeter großen Reich. Links: Schlosser Victor bei der Arbeit.
Ein Geländer ensteht.
Insgesamt gibt es bei Spitzbart eine Produktpalette von sieben Treppentypen: Faltwerktreppen, Wangentreppen („zigzag, klassisch und sägezahn“), Spindelttreppen – und, neu im Sortiment, Kragarmttreppen und Schnittguttreppen.
Im Sleeping-Dogs-Showroom von Carmen Gloger in Hamburg realisierten Spitzbart das erste Modell ihrer Schnittguttreppe „Cut it“. Entwickelt hat sie der Designer Max Wehberg. Sie wird aus einem einzigen riesigen Stahlblech geschnitten und dann mit viel Druck per Hand ausgefaltet. Aus zwei Dimensionen werden so drei – und eine wunderbar schlanke Treppenskulptur entsteht. Dass es sich um ein einziges, gebogenes Stahlblech handelt, sieht man an den Details: Links befindet sich die Treppenwange über den Stufen, rechts liegt sie darunter.
Im Sleeping-Dogs-Showroom von Carmen Gloger in Hamburg realisierten Spitzbart das erste Modell ihrer Schnittguttreppe „Cut it“. Entwickelt hat sie der Designer Max Wehberg. Sie wird aus einem einzigen riesigen Stahlblech geschnitten und dann mit viel Druck per Hand ausgefaltet. Aus zwei Dimensionen werden so drei – und eine wunderbar schlanke Treppenskulptur entsteht. Dass es sich um ein einziges, gebogenes Stahlblech handelt, sieht man an den Details: Links befindet sich die Treppenwange über den Stufen, rechts liegt sie darunter.
Faltwerktreppen führen Spitzbart nach Wunsch entweder mit Geländer aus…
…oder ohne. Jeder Treppengrundriss ist in dieser Konstruktionsart realisierbar – gerade, gewendelt oder rund.
Auch diese Raumspartreppe fällt in die Kategorie der Faltwerktreppen.
„Wenn sich jemand eine farbige Treppe wünscht, bieten wir selbstverständlich auch Lackierungen an“, sagt Margit Spitzbart. Farbe bekommt die Treppe in der Regel erst vor Ort. Entweder wird sie von einem Spitzbart-Mitarbeiter lackiert oder von einem beauftragten Maler – je nach Projekt und Umständen.
Die Wangentreppe „Zigzag“, die hier von einem Wohnzimmer ins offene Dachgeschoss führt, wurde beispielsweise weiß lackiert.
Die Wangentreppe „Zigzag“, die hier von einem Wohnzimmer ins offene Dachgeschoss führt, wurde beispielsweise weiß lackiert.
Unlackiert kann eine Wangentreppe so aussehen wie diese.
Diese Spindeltreppe ließ sich Designer Nils Holger Moormann in seinen Aschauer Showroom einbauen, der sich in historischen Stallungen befindet.
Sogar Filmstars gibt es unter den Treppen! Im Franken-Tatort „Der Himmel ist ein Platz auf Erden“ tauchte dieses Wohnzimmer mit der elegant geschwungenen Spindeltreppe von Spitzbart auf.
Wohnzimmer einrichten – mehr Ideen entdecken
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„Wir spüren gerade in den Metropolregionen eine große Nachfrage nach unseren Treppenlösungen“, sagt Margit Spitzbart. „Und gerade dort, wo Wohnraum knapp ist, bedarf es hochwertiger und platzsparender Treppen.“
Aus diesen Überlegungen heraus ist die „Tipolina“ entstanden. „Einbreiten statt Ausbreiten“ ist die Idee dieser Treppe, die auf einem einzigen Quadratmeter Höhenunterschiede überwindet. Architekt Gerd Streng hat sie sich ausgedacht, mit Stufen, die gleichzeitig als Regale dienen.
Aus diesen Überlegungen heraus ist die „Tipolina“ entstanden. „Einbreiten statt Ausbreiten“ ist die Idee dieser Treppe, die auf einem einzigen Quadratmeter Höhenunterschiede überwindet. Architekt Gerd Streng hat sie sich ausgedacht, mit Stufen, die gleichzeitig als Regale dienen.
Nicht auf der Stelle zu treten, scheint das wichtigste Credo des Unternehmens zu sein. Daher ist die Führungsriege wachsam, was aktuelle Wohnentwicklungen betrifft: „Die Tendenz geht immer mehr zu ganzen Raumskulpturen und Lösungen, die nicht nur Treppen, sondern ein vollständiges Interior betreffen“, sagt Margit Spitzbart.
Im Projekt „Begehbare Raumskulptur“ entwickelte die Firma etwa gemeinsam mit dem Architekten Gerhard P. Wirth eine Treppe, die an ein Stahlregal gekoppelt ist. Diese Treppen-Stauraum-Kombination erschließt über drei Stockwerke hinweg das Haus und ist so, fünf Tonnen schwer, zum Rückgrat des gesamten Projektes geworden.
Vielleicht auch zum Rückgrat für Spitzbart, die gerne neues Terrain beschreiten. Auf ihren Treppen und in ihren Showrooms stellen sie inzwischen auch zeitgenössische Kunst aus. „Il mondo è fatto a scale – die Welt ist in Stufen gemacht“, zitiert Margit Spitzbart ein italienisches Sprichwort. Da ist es nur logisch, dass sich die Firma mit ihren Treppen Stufe für Stufe immer neue Welten erschließt.
Im Projekt „Begehbare Raumskulptur“ entwickelte die Firma etwa gemeinsam mit dem Architekten Gerhard P. Wirth eine Treppe, die an ein Stahlregal gekoppelt ist. Diese Treppen-Stauraum-Kombination erschließt über drei Stockwerke hinweg das Haus und ist so, fünf Tonnen schwer, zum Rückgrat des gesamten Projektes geworden.
Vielleicht auch zum Rückgrat für Spitzbart, die gerne neues Terrain beschreiten. Auf ihren Treppen und in ihren Showrooms stellen sie inzwischen auch zeitgenössische Kunst aus. „Il mondo è fatto a scale – die Welt ist in Stufen gemacht“, zitiert Margit Spitzbart ein italienisches Sprichwort. Da ist es nur logisch, dass sich die Firma mit ihren Treppen Stufe für Stufe immer neue Welten erschließt.
Die Anfänge des Unternehmens hingegen waren eher beschaulich und traditionell: Man baute Treppen mit gedrechselten Stäben und Schmiedeeisen. „All den Kram haben wir weggelassen, als wir das Unternehmen übernahmen“, sagt Margit Spitzbart, die eigentlich aus der Werbung kommt, sich heute aber um das Produktdesign kümmert. „Wir waren in den Achtzigerjahren die ersten, die gekantete Aluminiumstufen ausgestellt haben. Die Leute sagten: ‚Jetzt spinnt er, der Spitzbart‘ – aber es hat sich durchgesetzt.“