Unkonventionelle Aufstockung mit Dachgarten in Nürnberg
Materialien aus dem Industriebau und ein Gemüsegarten auf dem Dach zeigen, wie Stadtentwicklung gehen kann
Ein Dachausbau in einem Mehrparteienhaus muss nicht immer teuer sein und nur für den Besitzer lukrativ. Wie es auch anders geht, zeigt Architekt Jürgen Lehmeier in Nürnberg. Er ergänzte ein im zweiten Weltkrieg beschädigtes und danach notdürftig repariertes Gründerzeithaus in der Innenstadt um die zwei seitdem fehlenden Geschosse und verwandelte das Dachgeschoss in einen Dachgarten für alle Bewohner. Für den Wiederaufbau griff er zu Materialien und Konstruktionsweisen aus dem Industriebau und konnte so günstig und nachhaltig bauen.
Städtebauliche Einbindung in die Nachbarschaft
Das Haus aus der Gründerzeit steht in Nürnbergs Innenstadt, mitten unter Mehrfamilienhäusern, von denen viele in den 1960er-Jahren errichtet wurden. Durch einen Kriegsschaden war es lange Zeit niedriger als die umgebenden Häuser. Mansardgeschoss und Obergeschoss fehlten vollständig, das zweite Obergeschoss war notdürftig repariert und mit einem Dach abgeschlossen worden.
Das Haus aus der Gründerzeit steht in Nürnbergs Innenstadt, mitten unter Mehrfamilienhäusern, von denen viele in den 1960er-Jahren errichtet wurden. Durch einen Kriegsschaden war es lange Zeit niedriger als die umgebenden Häuser. Mansardgeschoss und Obergeschoss fehlten vollständig, das zweite Obergeschoss war notdürftig repariert und mit einem Dach abgeschlossen worden.
Ein fast dauerhaftes Provisorium
Die Vorbesitzer hatten das Dach in den 1950er-Jahren provisorisch errichtet, mit dem Ziel, dem Haus seine fehlenden Geschosse wiederzugeben. Doch dazu war es nie gekommen, das Provisorium blieb bis 2018 bestehen. Dann nahm Architekt Jürgen Lehmeier, dem das Haus mittlerweile gehörte, die lange aufgeschobene Renovierung und Wiederherstellung auf. Die drei Mietwohnungen des Hauses und die drei Gewerbeeinheiten waren bereits seit 2011 nach und nach renoviert worden. „Das Dach war nicht undicht, aber in einem absolut renovierungsbedürftigen Zustand“, erinnert sich der Architekt. Unter dem neuen Dachaufbau sollte das fehlende Geschoss eingefügt werden. Im Dachgeschoss selbst sollte nicht Wohnraum entstehen, sondern ein Garten, der von allen Bewohnern des Hauses gemeinsam bewirtschaftet wird.
Gebäudeform: Gleich und doch anders
Nach der Aufstockung steht das Haus von seiner Kubatur her wieder komplett da, mit vier Geschossen und dem Dach darüber. Doch Lehmeier zeichnet die Dachform nur nach, schafft eine Plattform für einen Dachgarten, der mit Stahlträgern überspannt ist. „Mit der Stahlträgerkonstruktion war die Baubehörde zufrieden, die hier kein Flachdach wollte. Für uns war es wichtig, zu zeigen, dass hier etwas fehlt und dafür etwas anderes entstanden ist“, erläutert Lehmeier.
Die Vorbesitzer hatten das Dach in den 1950er-Jahren provisorisch errichtet, mit dem Ziel, dem Haus seine fehlenden Geschosse wiederzugeben. Doch dazu war es nie gekommen, das Provisorium blieb bis 2018 bestehen. Dann nahm Architekt Jürgen Lehmeier, dem das Haus mittlerweile gehörte, die lange aufgeschobene Renovierung und Wiederherstellung auf. Die drei Mietwohnungen des Hauses und die drei Gewerbeeinheiten waren bereits seit 2011 nach und nach renoviert worden. „Das Dach war nicht undicht, aber in einem absolut renovierungsbedürftigen Zustand“, erinnert sich der Architekt. Unter dem neuen Dachaufbau sollte das fehlende Geschoss eingefügt werden. Im Dachgeschoss selbst sollte nicht Wohnraum entstehen, sondern ein Garten, der von allen Bewohnern des Hauses gemeinsam bewirtschaftet wird.
Gebäudeform: Gleich und doch anders
Nach der Aufstockung steht das Haus von seiner Kubatur her wieder komplett da, mit vier Geschossen und dem Dach darüber. Doch Lehmeier zeichnet die Dachform nur nach, schafft eine Plattform für einen Dachgarten, der mit Stahlträgern überspannt ist. „Mit der Stahlträgerkonstruktion war die Baubehörde zufrieden, die hier kein Flachdach wollte. Für uns war es wichtig, zu zeigen, dass hier etwas fehlt und dafür etwas anderes entstanden ist“, erläutert Lehmeier.
Lange geplant, schnell gebaut
Auf das zweite Obergeschoss, das in Massivbauweise errichtet wurde, setzte Lehmeier eine konventionelle Stahlhalle, wie sie zuhauf in Industriegebieten stehen. Er erreichte so eine kurze Bauzeit und die Mieter der unteren Geschosse konnten auch während der Bauzeit wohnen bleiben. „Mit vorgefertigten Holz- und Stahlteilen ging es sehr schnell. Innerhalb einer Woche stand der Stahlbau“, berichtet Lehmeier. Nicht ganz so schnell konnte eine Firma für die Baumaßnahmen gefunden werden. „Industriebau ist etwas anderes als Wohnungsbau. Es gelten andere Vorschriften. Viele Firmen, die Industriehallen errichten, zögern daher, im Wohnungsbau zu arbeiten“, erklärt der Architekt.
Auf das zweite Obergeschoss, das in Massivbauweise errichtet wurde, setzte Lehmeier eine konventionelle Stahlhalle, wie sie zuhauf in Industriegebieten stehen. Er erreichte so eine kurze Bauzeit und die Mieter der unteren Geschosse konnten auch während der Bauzeit wohnen bleiben. „Mit vorgefertigten Holz- und Stahlteilen ging es sehr schnell. Innerhalb einer Woche stand der Stahlbau“, berichtet Lehmeier. Nicht ganz so schnell konnte eine Firma für die Baumaßnahmen gefunden werden. „Industriebau ist etwas anderes als Wohnungsbau. Es gelten andere Vorschriften. Viele Firmen, die Industriehallen errichten, zögern daher, im Wohnungsbau zu arbeiten“, erklärt der Architekt.
Durchgängiger Bodenbelag, profilierte Stahlbleche
Wie bei einer Industriehalle gibt es in den aufgestockten Geschossen einen durchgängigen Bodenbelag aus Beton. Darauf wurden die Wände errichtet. So lässt sich die Raumaufteilung bei Bedarf auch ganz einfach ändern. Kräftige Farben und Wände aus Verpackungssperrholz lassen trotz der offensichtlichen Zitate aus der Industrie die Wohnräume warm und gemütlich wirken.
Wie bei einer Industriehalle gibt es in den aufgestockten Geschossen einen durchgängigen Bodenbelag aus Beton. Darauf wurden die Wände errichtet. So lässt sich die Raumaufteilung bei Bedarf auch ganz einfach ändern. Kräftige Farben und Wände aus Verpackungssperrholz lassen trotz der offensichtlichen Zitate aus der Industrie die Wohnräume warm und gemütlich wirken.
Im Bild: Die typische Ansicht von Industriehallen mit ihren Stahlblechen und T-Trägern ist im Innenraum des dritten Obergeschosses zu sehen.
Nachhaltig und hochwertig
Auch wenn Material und Prinzipien dem Industriebau entlehnt sind, gibt es doch gravierende Unterschiede zu einer Industriehalle: Lehmeier achtete bei der Verarbeitung besonders auf die Details. So sind die eloxierten Fensterrahmen flächenbündig in die Außenhülle eingepasst, der flügelgeglättete Estrich ist gewachst. „Die Wohnqualität soll auch bei nachhaltigem und günstigem Bauen nicht auf der Strecke bleiben“, findet Lehmeier.
Nachhaltig und hochwertig
Auch wenn Material und Prinzipien dem Industriebau entlehnt sind, gibt es doch gravierende Unterschiede zu einer Industriehalle: Lehmeier achtete bei der Verarbeitung besonders auf die Details. So sind die eloxierten Fensterrahmen flächenbündig in die Außenhülle eingepasst, der flügelgeglättete Estrich ist gewachst. „Die Wohnqualität soll auch bei nachhaltigem und günstigem Bauen nicht auf der Strecke bleiben“, findet Lehmeier.
Die gedämmten Sandwichpaneele sind recycelbar, da sich Dämmstoff und Stahlblech leicht voneinander trennen lassen. Zur Bauzeit gab es für diese Paneele als Dämmmaterial nur Hartschaum, wie Lehmeier bedauert, während mittlerweile auch Holzwolle dafür verwendet wird. „Nachhaltiges Bauen bedeutet auch, das Material in Kreisläufen zu halten. Die CO2-Bilanz von Stahl wird immer wieder negativ bewertet, weil nur die Herstellung betrachtet wird. Dabei wird übersehen, dass Stahl immer wieder verwertet werden kann und unter diesem Gesichtspunkt durchaus nachhaltig ist“, erläutert Lehmeier.
Dachgarten für Nahrung, Kühlung und Gemeinschaft
Statt Wohnraum bis unter das Dach zu schaffen, setzt Lehmeier mit einem Dachgarten ein Zeichen – eigentlich sind es drei Zeichen: für Klimaschutz, Biodiversität und Gemeinschaft. Die Pflanzen kühlen das Haus fühlbar. An heißen Sommertagen bleiben die Temperaturen ganz ohne zusätzliche Regulierung etwa einer Klimaanlage länger niedriger als in den umstehenden Gebäuden. Jedem Bewohner stehen zehn Quadratmeter zur Verfügung, die er bewirtschaften darf. Biologisch, versteht sich, damit Menschen und Insekten mehr davon haben. „Der Dachgarten ist ein Sozialexperiment. Wir haben alle Mieter gefragt, ob sie bei diesem Urban-Gardening-Projekt mitmachen wollen. Bedingung war, biologisch anzubauen“, erklärt Lehmeier. Für das gemeinsame Gärtnern, angefangen beim Bau der Pflanztröge bis zur Ernte der reifen Früchte des Aprikosenbaums, holten sich die Neugärtner auch beim Nürnberger Stadtgartenprojekt Rat und Hilfe. Und das Fazit von Lehmeier? „Die Lebensqualität aller Bewohner hat sich verbessert, es ist eine Hausgemeinschaft entstanden.“
Statt Wohnraum bis unter das Dach zu schaffen, setzt Lehmeier mit einem Dachgarten ein Zeichen – eigentlich sind es drei Zeichen: für Klimaschutz, Biodiversität und Gemeinschaft. Die Pflanzen kühlen das Haus fühlbar. An heißen Sommertagen bleiben die Temperaturen ganz ohne zusätzliche Regulierung etwa einer Klimaanlage länger niedriger als in den umstehenden Gebäuden. Jedem Bewohner stehen zehn Quadratmeter zur Verfügung, die er bewirtschaften darf. Biologisch, versteht sich, damit Menschen und Insekten mehr davon haben. „Der Dachgarten ist ein Sozialexperiment. Wir haben alle Mieter gefragt, ob sie bei diesem Urban-Gardening-Projekt mitmachen wollen. Bedingung war, biologisch anzubauen“, erklärt Lehmeier. Für das gemeinsame Gärtnern, angefangen beim Bau der Pflanztröge bis zur Ernte der reifen Früchte des Aprikosenbaums, holten sich die Neugärtner auch beim Nürnberger Stadtgartenprojekt Rat und Hilfe. Und das Fazit von Lehmeier? „Die Lebensqualität aller Bewohner hat sich verbessert, es ist eine Hausgemeinschaft entstanden.“
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Hier wohnen: in den beiden obersten Geschossen der Architekt Jürgen Lehmeier mit seiner Frau und den drei Kindern, darunter die Mieter in drei Wohnungen
Auf: 170 Quadratmeter Wohnfläche in den beiden Geschossen
Hier gärtnern: alle Bewohner gemeinsam, einschließlich der Mieter der Gewerbeeinheiten
Auf: 100 Quadratmetern Anbaufläche auf der Dachterrasse
In: Nürnberg
Besonderheit: Dachaufstockung mit Baumaterial aus dem Industriebau, Gemeinschaftsgarten auf dem Dach
Experten: büro für bauform (das Büro liegt ebenfalls im Haus)
Kosten: weniger als 2000 Euro pro Quadratmeter (für den Aufbau der beiden neuen Wohngeschosse)
Fotos: Stefan Riedl, Markus Vogt, büro für bauform, Judith Lehmeier