5 Ansätze, wie sich unsere Städte entwickeln sollten
Mehr Beton? Oder mehr Natur? Auf dem Weltarchitekturfestival 2021 wurden Visionen für die Städte der Zukunft vorgestellt
Die Herausforderungen für das urbane Leben sind massiv. Das World Architecture Festival 2021, das vom 1. bis zum 3. Dezember online stattfand, hat darauf Antworten gesucht. Viele der Vorträge befassten sich mit der Frage, wie wir nachhaltiger und effizienter bauen können, und die Architektur gleichzeitig zum Wohlbefinden der Menschen beitragen kann. In diesem Artikel beleuchten wir fünf der Ansätze, die Vicente Guallart, Ben van Berkel und andere Fachleute in ihren informativen und visionären Vorträgen erörtert haben.
Entwurf des urbanen Gartens des Vall d’Hebron-Marktes in Barcelona
2. Wir müssen unsere Essgewohnheiten überdenken. Ein Großteil der Lebensmittel, die in London täglich verzehrt werden, stammt aus fernen Ländern wie Kenia (grüne Bohnen) oder der Karibik (Ananas). Und das ist nur ein kleines Beispiel dafür, welche Auswirkungen unsere Essgewohnheiten auf die Umwelt haben können.
In einem Vortrag mit dem Titel „Growing in the City: Food & Ecology“ sprach Vicente Guallart, der von 2011 bis 2015 Chefarchitekt der Stadtverwaltung von Barcelona war, über Design, das auf Selbstversorgung ausgerichtet ist: „Wenn wir eine ökologischere Welt schaffen wollen, müssen wir lokal denken und Dinge in der Stadt produzieren.“
2. Wir müssen unsere Essgewohnheiten überdenken. Ein Großteil der Lebensmittel, die in London täglich verzehrt werden, stammt aus fernen Ländern wie Kenia (grüne Bohnen) oder der Karibik (Ananas). Und das ist nur ein kleines Beispiel dafür, welche Auswirkungen unsere Essgewohnheiten auf die Umwelt haben können.
In einem Vortrag mit dem Titel „Growing in the City: Food & Ecology“ sprach Vicente Guallart, der von 2011 bis 2015 Chefarchitekt der Stadtverwaltung von Barcelona war, über Design, das auf Selbstversorgung ausgerichtet ist: „Wenn wir eine ökologischere Welt schaffen wollen, müssen wir lokal denken und Dinge in der Stadt produzieren.“
Der 2010 gegründete Stadtgarten Brooklyn Grange ist einer der größten in New York
Der Architekt sprach auch über das Projekt Sociópolis in Valencia, Spanien, das er in Zusammenarbeit mit einer Reihe von anderen Firmen entwickelt hat. Ihr ehrgeiziger Plan war es, Sozialwohnungen mit integrierten Grünflächen und städtischen Bauernhöfen auf einem verlassenen Grundstück am Stadtrand zu bauen. Leider wurde das Projekt in der Wirtschaftskrise 2008 nicht mehr weiter finanziert und nie fertiggestellt. Die valencianische Regierung beabsichtigt nun, die Arbeiten an diesem Projekt wieder aufzunehmen und abzuschließen.
Der Gedanke der Arbeit auf dem Feld, der urbane Garten, ist ein integraler Bestandteil der Landschaftsplanung dieser Gemeinde. Er wird als ein Ort der sozialen Interaktion sowie als eine Möglichkeit zur autonomen Verwaltung und Produktion verstanden. Die geplante Entwicklung dieses Projekts ist ein Beispiel für die Notwendigkeit, „die Landwirtschaft in die Landschaft zu integrieren“, so Guallart. Für ihn wird die Idee des Gärtnerns – ein kleines Stück Land mit den eigenen Händen zu bearbeiten – immer eine Möglichkeit sein, um Zeit miteinander zu verbringen und soziale Kontakte zu knüpfen.
Guallart sprach auch darüber, wie ein großer städtischer Garten in Brooklyn, New York, als Inspiration für eines seiner jüngsten Projekte diente: der Garten auf dem Dach des Mercat de la Vall d’Hebron in Barcelona. Dieses Projekt soll dazu beitragen, die städtische Lebensmittelproduktion noch besser zu ermöglichen.
Der Architekt sprach auch über das Projekt Sociópolis in Valencia, Spanien, das er in Zusammenarbeit mit einer Reihe von anderen Firmen entwickelt hat. Ihr ehrgeiziger Plan war es, Sozialwohnungen mit integrierten Grünflächen und städtischen Bauernhöfen auf einem verlassenen Grundstück am Stadtrand zu bauen. Leider wurde das Projekt in der Wirtschaftskrise 2008 nicht mehr weiter finanziert und nie fertiggestellt. Die valencianische Regierung beabsichtigt nun, die Arbeiten an diesem Projekt wieder aufzunehmen und abzuschließen.
Der Gedanke der Arbeit auf dem Feld, der urbane Garten, ist ein integraler Bestandteil der Landschaftsplanung dieser Gemeinde. Er wird als ein Ort der sozialen Interaktion sowie als eine Möglichkeit zur autonomen Verwaltung und Produktion verstanden. Die geplante Entwicklung dieses Projekts ist ein Beispiel für die Notwendigkeit, „die Landwirtschaft in die Landschaft zu integrieren“, so Guallart. Für ihn wird die Idee des Gärtnerns – ein kleines Stück Land mit den eigenen Händen zu bearbeiten – immer eine Möglichkeit sein, um Zeit miteinander zu verbringen und soziale Kontakte zu knüpfen.
Guallart sprach auch darüber, wie ein großer städtischer Garten in Brooklyn, New York, als Inspiration für eines seiner jüngsten Projekte diente: der Garten auf dem Dach des Mercat de la Vall d’Hebron in Barcelona. Dieses Projekt soll dazu beitragen, die städtische Lebensmittelproduktion noch besser zu ermöglichen.
Times Square, New York
3. Wir müssen Daten und Technologie nutzen, um Wohnräume zu verbessern. Technologie wird für die Gestaltung von sozialeren und gesünderen Wohnräumen schon bald entscheidend sein“, erklärte der niederländische Architekt Ben van Berkel, Mitbegründer von UN Studio, in seinem Vortrag „I Am Connected“. Van Berkel gab zu verstehen, dass Technologie genutzt werden muss, um optimale Planungsentscheidungen zu treffen.
Dabei ist Architektur schon seit Jahren eng mit Datenanalyse verwoben. Bereits in den 90er-Jahren nutzten Architekten Daten, um zu beobachten, wie sich Tourist:innen bewegen und bestimmte Teile der Stadt nutzen, um so ausgewählte Bereiche zu reaktivieren und sicherer zu machen.
„Daten können uns Einblicke in die Dynamik einer Stadt geben. Der soziale Wert, der durch die Wiederbelebung einiger Standorte geschaffen wird, ist deutlich größer als jeder Immobilienwert“, so van Berkel.
Auf ähnliche Weise stellte Tim Fendley, Gründer und Creative Director der Applied Information Group, in seinem Vortrag „Star Wars Cities“ den Transport und die Navigation in Städten als ein grundlegendes Informationsproblem dar. Er betonte, wie wichtig es sei, Städte und Informationen so zu organisieren, dass die Bürger:innen und Tourist:innen sie optimal nutzen können. „Wie organisiert man all diese [Informations-]Systeme so, dass die Endnutzer die richtigen Informationen zur richtigen Zeit erhalten?“, fragte er.
3. Wir müssen Daten und Technologie nutzen, um Wohnräume zu verbessern. Technologie wird für die Gestaltung von sozialeren und gesünderen Wohnräumen schon bald entscheidend sein“, erklärte der niederländische Architekt Ben van Berkel, Mitbegründer von UN Studio, in seinem Vortrag „I Am Connected“. Van Berkel gab zu verstehen, dass Technologie genutzt werden muss, um optimale Planungsentscheidungen zu treffen.
Dabei ist Architektur schon seit Jahren eng mit Datenanalyse verwoben. Bereits in den 90er-Jahren nutzten Architekten Daten, um zu beobachten, wie sich Tourist:innen bewegen und bestimmte Teile der Stadt nutzen, um so ausgewählte Bereiche zu reaktivieren und sicherer zu machen.
„Daten können uns Einblicke in die Dynamik einer Stadt geben. Der soziale Wert, der durch die Wiederbelebung einiger Standorte geschaffen wird, ist deutlich größer als jeder Immobilienwert“, so van Berkel.
Auf ähnliche Weise stellte Tim Fendley, Gründer und Creative Director der Applied Information Group, in seinem Vortrag „Star Wars Cities“ den Transport und die Navigation in Städten als ein grundlegendes Informationsproblem dar. Er betonte, wie wichtig es sei, Städte und Informationen so zu organisieren, dass die Bürger:innen und Tourist:innen sie optimal nutzen können. „Wie organisiert man all diese [Informations-]Systeme so, dass die Endnutzer die richtigen Informationen zur richtigen Zeit erhalten?“, fragte er.
Hochschule für Technik und Design Singapur
4. Architektur sollte uns zu mehr Bewegung ermutigen. Nach einer Statistik der Europäischen Union sind 56 Prozent der erwachsenen Männer in den Niederlanden übergewichtig. „Unsere Architektur muss die Menschen aktiver machen“, sagte van Berkel, der sich für das Radfahren und „das Gefühl der Freiheit, das damit einhergeht“, begeistert.
Der Architekt erläuterte kurz eines seiner bekanntesten Projekte: die Singapore University of Technology and Design (SUTD). Hier dreht sich alles um Stadtplanung, Landschaftsgestaltung und Produktdesign und „die Umgebung führt die Studierenden über den Campus und ermuntert sie dazu, diesen zu Fuß zu überqueren“.
Van Berkel erklärte, dass alle Fakultäten räumlich miteinander verbunden sind, um den Austausch von Ideen und interdisziplinärem Wissen zu fördern. „Auf diese Weise bekommt man das Gefühl, dass man nicht nur zu seiner Fakultät gehört, sondern auch zum Rest, zu einer größeren Welt. Außerdem haben wir den Ort so gestaltet, dass die Leute viel mehr Treppen steigen. Sieben Minuten Treppensteigen pro Tag senkt die Wahrscheinlichkeit, innerhalb von zehn Jahren einen Herzinfarkt zu erleiden, um die Hälfte.“
4. Architektur sollte uns zu mehr Bewegung ermutigen. Nach einer Statistik der Europäischen Union sind 56 Prozent der erwachsenen Männer in den Niederlanden übergewichtig. „Unsere Architektur muss die Menschen aktiver machen“, sagte van Berkel, der sich für das Radfahren und „das Gefühl der Freiheit, das damit einhergeht“, begeistert.
Der Architekt erläuterte kurz eines seiner bekanntesten Projekte: die Singapore University of Technology and Design (SUTD). Hier dreht sich alles um Stadtplanung, Landschaftsgestaltung und Produktdesign und „die Umgebung führt die Studierenden über den Campus und ermuntert sie dazu, diesen zu Fuß zu überqueren“.
Van Berkel erklärte, dass alle Fakultäten räumlich miteinander verbunden sind, um den Austausch von Ideen und interdisziplinärem Wissen zu fördern. „Auf diese Weise bekommt man das Gefühl, dass man nicht nur zu seiner Fakultät gehört, sondern auch zum Rest, zu einer größeren Welt. Außerdem haben wir den Ort so gestaltet, dass die Leute viel mehr Treppen steigen. Sieben Minuten Treppensteigen pro Tag senkt die Wahrscheinlichkeit, innerhalb von zehn Jahren einen Herzinfarkt zu erleiden, um die Hälfte.“
Der diesjährige Pritzker-Preis ging an das französische Duo Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal, die den Ansatz „Niemals abreißen“ beispielhaft umgesetzt haben. Das Bild zeigt den Grand Parc in Bordeaux, Frankreich, den sie zusammen mit Frédéric Druot und Christophe Hutin 2017 umgestaltet haben.
5. Wir müssen bestehende Gebäude erhalten, um CO2 einzusparen und sozialen Wert zu bewahren. In ihrer Gesprächsrunde „Carbon, Specification, Retrofit and Reuse“ diskutierten der Umweltexperte Simon Sturgis von Targeting Zero und Cany Ash, Gründungspartnerin von Ash Sakula Architects, den Wert der Nachrüstung bestehender Gebäude im Vergleich zu Abriss und Neubau.
Abgesehen von der enormen Menge an Kohlenstoff, die ein Neubau mit sich bringt, bedeutet „der Abriss eines perfekt nutzbaren Gebäudes, dass noch mehr Ressourcen aus dem Boden geholt werden müssen“, stellt Simon Sturgis fest. „Und das ist problematisch.“
Er räumt zwar ein, dass einige Neubauten notwendig sind, hauptsächlich angesichts der wachsenden Bevölkerung. Gleichzeitig fordert er Architektinnen und Architekten aber auch auf, „aus einer Perspektive der Langlebigkeit, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit zu planen“ und die Wiederverwendbarkeit der Gebäude im Blick zu behalten.
Cany Ash wies darauf hin, dass die Sanierung von Gebäuden auch ihren sozialen und historischen Wert bewahre und sogar steigere. Bei einem Abriss ginge dieser hingegen komplett verloren. Sie verwies auf das Beispiel des LCB-Depots in Leicester, Großbritannien: Das in den 1970er-Jahren als zentrales Busdepot von Leicester errichtete Gebäude war einst Schandfleck der Stadt und für den Abriss vorgesehen. Nun erstrahlt es in seiner umgebauten Form als Atelier und Werkstatt in neuem Glanz. Dabei wurde die Geschichte dieses Gebäudes bewahrt, das jahrzehntelang das Erste war, was viele Menschen sahen, wenn sie in Leicester ankamen.
„Wie können wir die dafür aufgewendete Energie einfach ignorieren, insbesondere eine aufgewendete Energie mit so viel Geschichte und sozialem Wert?“, fragt Cany Ash.
Wie finden Sie die vorgestellten Ansätze und Ideen? Kommentieren Sie gerne.
5. Wir müssen bestehende Gebäude erhalten, um CO2 einzusparen und sozialen Wert zu bewahren. In ihrer Gesprächsrunde „Carbon, Specification, Retrofit and Reuse“ diskutierten der Umweltexperte Simon Sturgis von Targeting Zero und Cany Ash, Gründungspartnerin von Ash Sakula Architects, den Wert der Nachrüstung bestehender Gebäude im Vergleich zu Abriss und Neubau.
Abgesehen von der enormen Menge an Kohlenstoff, die ein Neubau mit sich bringt, bedeutet „der Abriss eines perfekt nutzbaren Gebäudes, dass noch mehr Ressourcen aus dem Boden geholt werden müssen“, stellt Simon Sturgis fest. „Und das ist problematisch.“
Er räumt zwar ein, dass einige Neubauten notwendig sind, hauptsächlich angesichts der wachsenden Bevölkerung. Gleichzeitig fordert er Architektinnen und Architekten aber auch auf, „aus einer Perspektive der Langlebigkeit, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit zu planen“ und die Wiederverwendbarkeit der Gebäude im Blick zu behalten.
Cany Ash wies darauf hin, dass die Sanierung von Gebäuden auch ihren sozialen und historischen Wert bewahre und sogar steigere. Bei einem Abriss ginge dieser hingegen komplett verloren. Sie verwies auf das Beispiel des LCB-Depots in Leicester, Großbritannien: Das in den 1970er-Jahren als zentrales Busdepot von Leicester errichtete Gebäude war einst Schandfleck der Stadt und für den Abriss vorgesehen. Nun erstrahlt es in seiner umgebauten Form als Atelier und Werkstatt in neuem Glanz. Dabei wurde die Geschichte dieses Gebäudes bewahrt, das jahrzehntelang das Erste war, was viele Menschen sahen, wenn sie in Leicester ankamen.
„Wie können wir die dafür aufgewendete Energie einfach ignorieren, insbesondere eine aufgewendete Energie mit so viel Geschichte und sozialem Wert?“, fragt Cany Ash.
Wie finden Sie die vorgestellten Ansätze und Ideen? Kommentieren Sie gerne.
1. Die Natur muss den öffentlichen Raum erobern. Wir sehnen uns alle nach einer grüneren und wohltuenderen Umwelt. In seinem Vortrag „Tomorrow is Today“ betonte Rick Bell, stellvertretender Direktor des Center for Buildings, Infrastructure and Public Space an der Columbia University, wie wichtig es sei, sich auf grüne Gebäude, Parks, Plätze und eine bessere Vernetzung in New York zu konzentrieren.
Er sprach über die Integration natürlicher Lebensräume in die fünf Stadtbezirke. „In New York und anderen Städten auf der ganzen Welt ist ein Wandel hin zum naturnahen öffentlichen Raum zu beobachten, der sich an grünen Gestaltungsprinzipien orientiert, Resilienz und Hydrologie in den Fokus rückt und dem Bedürfnis nach Sicherheit, Zugänglichkeit und Gesundheit gerecht wird“, so Rick Bell.
Er verwies auf die „10 Minute Walk“-Initiative, die von verschiedenen NGOs ins Leben gerufen und von mehreren hundert Bürgermeister:innen in den Vereinigten Staaten unterstützt wurde. Ziel der Initiative ist es, dass jeder in einem Umkreis von höchstens zehn Minuten Fußweg von seinem Wohnort Grünflächen vorfinden kann. Laut Bell ist dies „ein Wendepunkt, weil [die entstehenden Grünflächen] kleiner sind und nicht unbedingt den Anspruch erheben, für alle da zu sein. Sie haben etwas mehr Bezug zu den umliegenden Wohnvierteln.“
In New York hat die Rückgewinnung der Stadtränder, die zuvor dem Verkehr, dem Handel und der Schifffahrt vorbehalten waren, zur Schaffung von Grünflächen beigetragen. Auch andere Städte erkunden diese ungenutzten Flächen. In seinem Vortrag „Moskau: Today & Tomorrow“ sprach der Chefarchitekt der Stadt Moskau, Sergej Kusnezow, über eine ähnliche Neubelebung der Moskauer Uferlandschaften, wo ehemalige Straßen nun für Freizeitbeschäftigungen zurückgewonnen werden.