Sammler-Eldorado: Ein Händler historischer Bauelemente in Brandenburg
Wer alte Ziegel, Gründerzeittüren oder -fenster braucht, fährt hinaus nach Marwitz bei Berlin: Hier erwacht Kulturgut zum zweiten Leben
Eva Zimmermann
24. Oktober 2015
Journalistin mit Architektur-Diplom und Vorliebe für weniger – und manchmal auch mehr.
Journalistin mit Architektur-Diplom und Vorliebe für weniger – und manchmal auch... Mehr
Es ist ein melancholischer Herbsttag, an dem wir von Berlin nach Marwitz hinausfahren, um die Firma Historische Bauelemente zu besichtigen. In der großen blauen Halle brennt, als einzige Wärmequelle, ein Kaminfeuer. Gleich daneben gibt es Espresso an der kleinen Bar. Es riecht nach Kaffee und Geschichte. Alles passt irgendwie zusammen: das Wetter, die Stimmung und eine phänomenale Sammlung von Dingen, die, totgeglaubt, durch Olaf Elias, den Gründer dieser Enterprise, wieder lebendig werden.
Auf einen Blick
Hier sammelt: Geschäftsleiter Olaf Elias mit seinem 14-köpfigen Team
In: Marwitz bei Berlin
Auf: 23.000 Quadratmetern Grundfläche und in vier Hallen mit insgesamt 4.000 Quadratmetern
Fotos: Florian Boillot
Auf einen Blick
Hier sammelt: Geschäftsleiter Olaf Elias mit seinem 14-köpfigen Team
In: Marwitz bei Berlin
Auf: 23.000 Quadratmetern Grundfläche und in vier Hallen mit insgesamt 4.000 Quadratmetern
Fotos: Florian Boillot
Es ist ein Ausflug ins Kuriositätenkabinett und in die europäische Kulturgeschichte. 1990, kurz nach dem Mauerfall, wollten gerade in Ostdeutschland viele den vermeintlichen alten Mief loswerden, in dem sie gezwungenermaßen so lange gelebt hatten. Alte Türen, Fenster und Baumaterialien landeten bergeweise auf den Gehsteigen, und niemand – na ja, fast niemand – sah noch einen Wert in ihnen.
Es gab Ausnahmen, wie Olaf Elias, 1967 in Westberlin geboren, der Philosophie und Geschichte an der FU und als Stipendiat in Marburg studiert hatte und nun sah, wie teils jahrhundertealtes (Bau-)Kulturgut auf den Straßen vergammelte. Gemeinsam mit seinem Bruder begann er, in einem alten Laster mit Kran aus den Fünfzigerjahren einzusammeln, was einzusammeln war, und die Dinge erst einmal einzulagern.
Eine Geschäftsidee war geboren und hat sich heute, zur Zeit des 25-jährigen Jubiläums, mit vierzehn festen und drei freien Mitarbeitern etabliert. Wer historische Bauelemente und -stoffe braucht, kommt nach Marwitz, wo die Firma Historische Bauelemente seit 1997 in der Anlage des einstigen Schweinekombinats residieren. Damals war der Umzug aus kleineren Lagerstätten in Eichstädt-Vehlefanz bitter nötig, denn die Firma wuchs und wuchs. Jetzt gibt es ein 23.000 Quadratmeter großes Grundstück mit vier Hallen, die insgesamt 4000 Quadratmeter umfassen.
Es gab Ausnahmen, wie Olaf Elias, 1967 in Westberlin geboren, der Philosophie und Geschichte an der FU und als Stipendiat in Marburg studiert hatte und nun sah, wie teils jahrhundertealtes (Bau-)Kulturgut auf den Straßen vergammelte. Gemeinsam mit seinem Bruder begann er, in einem alten Laster mit Kran aus den Fünfzigerjahren einzusammeln, was einzusammeln war, und die Dinge erst einmal einzulagern.
Eine Geschäftsidee war geboren und hat sich heute, zur Zeit des 25-jährigen Jubiläums, mit vierzehn festen und drei freien Mitarbeitern etabliert. Wer historische Bauelemente und -stoffe braucht, kommt nach Marwitz, wo die Firma Historische Bauelemente seit 1997 in der Anlage des einstigen Schweinekombinats residieren. Damals war der Umzug aus kleineren Lagerstätten in Eichstädt-Vehlefanz bitter nötig, denn die Firma wuchs und wuchs. Jetzt gibt es ein 23.000 Quadratmeter großes Grundstück mit vier Hallen, die insgesamt 4000 Quadratmeter umfassen.
Olaf Elias sammelt seit Jahrzehnten beruflich – aber was brachte ihn ursprünglich dazu, sich all dieser Objekte anzunehmen? „Meine Großeltern haben immer viel von der Nachkriegszeit erzählt. Vielleicht entstand dadurch schon ein Bewusstsein für den Wert alter Dinge. Mein Studium der Philosophie und Geschichte hat sicherlich auch das seine dazugetan. Ich bin der Meinung, dass der Erhalt der Landeskultur immer mit dem Erhalt der Objekte zusammenhängt.“
Auch alte Skulpturen und Säulen hat Elias im Angebot. Außerdem führt er Repliken, die als Sandsteinguss hergestellt werden.
Auch alte Skulpturen und Säulen hat Elias im Angebot. Außerdem führt er Repliken, die als Sandsteinguss hergestellt werden.
Nach seinen absoluten Lieblingsstücken gefragt, muss Elias nicht lange überlegen: „Dieses Keramik-Medaillon von 1907 stammt aus einer Grunewaldvilla und stand, im Zuge von Umbauarbeiten, kurz vor der Zerstörung. Der Bauleiter kam auf die Idee, uns anzurufen. Er fand, es müsse gerettet werden – genau wie ich. Mir ist es unbegreiflich, wie man so etwas wegwerfen kann. Es zeigt eine Philharmonikerfamilie.“
Alles auf dem Gelände erzählt Geschichten, auch der Pavillon im Hof. Die hier verbauten Fenster stammen aus der ehemaligen Max-Schmeling-Villa in der Podbielskiallee 42, Berlin – heute die libysche Botschaft.
Die Laterne ist eine von vierhundert, die einst beleuchteten, was heute Karl-Marx-Allee heißt und früher Stalinallee hieß. Elias und seinem Team gelang es, 200 Stück zu bergen. Sie gehen weg wie warme Semmeln: „Gastronomen kaufen die alten Lampenkörper und verwenden sie als Bistrotische“, erzählt Nicole Wilken, die Assistentin der Geschäftsleitung, beim Gang über das Gelände.
Die Laterne ist eine von vierhundert, die einst beleuchteten, was heute Karl-Marx-Allee heißt und früher Stalinallee hieß. Elias und seinem Team gelang es, 200 Stück zu bergen. Sie gehen weg wie warme Semmeln: „Gastronomen kaufen die alten Lampenkörper und verwenden sie als Bistrotische“, erzählt Nicole Wilken, die Assistentin der Geschäftsleitung, beim Gang über das Gelände.
Der große Showroom, von den Mitarbeitern liebevoll die „Blaue Halle“ genannt, besitzt neben der schmucken Espressobar, die immer gerade von dem Teammitglied bedient wird, das zur Stelle ist, die edelsten Fundstücke in Olaf Elias’ Sammlung.
Die Empore stammt aus einer Kirche, die auf ihre romanische Grundstruktur zurückgebaut wurde und aus der alle gründerzeitlichen Elemente, so auch die Empore, entfernt wurden. Von Schätzen wie diesen erfährt Elias häufig durch hiesige Denkmalpfleger:
„Die ostdeutsche Denkmalpflege ist sehr gründlich und gewissenhaft. Wir arbeiten oft und gerne mit den Denkmalpflegern zusammen“, sagt er.
Die Empore stammt aus einer Kirche, die auf ihre romanische Grundstruktur zurückgebaut wurde und aus der alle gründerzeitlichen Elemente, so auch die Empore, entfernt wurden. Von Schätzen wie diesen erfährt Elias häufig durch hiesige Denkmalpfleger:
„Die ostdeutsche Denkmalpflege ist sehr gründlich und gewissenhaft. Wir arbeiten oft und gerne mit den Denkmalpflegern zusammen“, sagt er.
„Als ich mit meinem Bruder begann, Bauelemente einzusammeln, kannte ich ähnliche Firmen aus Frankreich und England“, erzählt Elias. „Damals waren die Dorfstraßen voll mit Dingen. Berge alter Türen, Fußböden, Fenster. Sie müssen sich das so vorstellen: Jeder, der in der ehemaligen DDR über Finanzmittel verfügte, hat erneuert, was das Zeug hielt. Fünf Jahre später wollten alle die alten Sachen zurückhaben.“
„Wir bekommen unsere Objekte von Baustellen, manchmal werden wir durch Bauleiter und Architekten oder Denkmalpfleger auf etwas hingewiesen. In den Anfängen der Neunzigerjahre konnten wir die Elemente teils kostenlos übernehmen, heute müssen wir sie kaufen und die Bergung oftmals auch selber durchführen. Neben meinem Bruder, der von Anfang an dabei war, halfen zunächst einige DDR-Rentner. Zum Steinesäubern hatten wir bereits zu Beginn hin und wieder Saisonarbeiter. Das Unternehmen rechnete sich von Anfang an und wächst bis heute. 1997 hatten wir nur halb so viele Mitarbeiter wie heute. In den Bergungsphasen sind es aber mehr, denn das meiste daran ist Handarbeit.“
DDR-Keramik in den großen Mengen eines Lagerverkaufs? Auch das gibt es bei den Historischen Bauelementen.
DDR-Keramik in den großen Mengen eines Lagerverkaufs? Auch das gibt es bei den Historischen Bauelementen.
Nahezu alles auf dem Gelände kann man kaufen, so auch die beiden alten Spindeltreppen.
Wie viele Unternehmer wohl von sich sagen können, dass zu ihren Hauptkunden Schlossbesitzer und Besitzer von Gutshäusern gehören? Olaf Elias kann!
In der Holzhalle ist diese Sammlung von Geländerstäben und Tischbeinen zu finden.
In der Holzhalle ist diese Sammlung von Geländerstäben und Tischbeinen zu finden.
Alte Holzböden können bei den Historischen Bauelementen aufgearbeitet und beispielsweise mit Nut und Feder versehen werden. „Wir vermitteln auch Handwerker. Denn alte Dielen verlegen, das muss man können“, sagt Nicole Wilken.
„Alex Gebel ist der Herr der Türen“, sagt Wilken. „Das hier ist sein Reich. Alle Türen, die reinkommen, werden von ihm gesäubert, sortiert und katalogisiert und sind auch online einzusehen. Viele verkaufen wir inzwischen übers Netz.“
Dieses gigantische Portal stammt aus Köln, wo es durch den Umbau eines Gemeindehauses obsolet geworden war. „Unsere Bauelemente kommen mittlerweile aus ganz Europa“, sagt Elias.
In der „Roten Halle“ gibt es Möbel, Lampen und Accessoires. Neben Architekten und Interior-Designern kommen auch Filmausstatter gerne vorbei. „Monuments Men“ von und mit George Clooney zeigt etwa zahlreiche Requisiten, die man in Marwitz fand: „Waschbecken, alte Ladeneinrichtungen, Laternenmasten“, erzählt Elias.
Die Kirchenfenster aus einer Potsdamer Sechzigerjahrekirche wurden ausgebaut, als man das Gebäude umnutzte. Glück für die neuen Besitzer: die kunstvollen Stücke sind inzwischen verkauft und werden in einem Berliner Neubauprojekt an der Fassade wieder eingesetzt – wo und wie genau, das ist bisher noch ein Geheimnis.
„Vom ersten Moment an haben wir auch Dinge aus der DDR-Zeit gerettet“, sagt Elias. In einem Raum der „Roten Halle“ hat er Stücke aus den verlassenen Kasernen der Roten Armee zusammengetragen. Eine Sammlung, die er nur geschlossen abgeben möchte.
Eines der wichtigsten und gefragtesten Bauelemente sind, neben Türen, Fenstern und Fußböden, historische Ziegel in alten Formaten.
Sogar ein Schiff, namentlich die „Beethoven“, 1927 in Bamberg gebaut, ist in Marwitz gestrandet. Elias barg sie in Dresden: „Ein Schiffssammler ging durch seine Sammelleidenschaft pleite, und da viele unserer Kunden Schiffe sammeln, nahm ich es mit.“ Auf dem Landweg und per LKW-Tieflader, versteht sich.
Und gibt es bei so vielen Sparten noch Pläne für die Zukunft?
„Mehr ausführende Beratung, mehr Projekte im Interiorbereich, so wie wir es mit unserer Tischmanufaktur schon realisieren. Dort können sich die Kunden aus alten Hölzern Tische individuell schreinern lassen. Insgesamt möchten wir mehr Veredelungs-Angebote im Bereich Möbel, Lampen, Böden und Wände machen.“ Da bleibt nur zu sagen: Immer her damit!
Mehr Bilder aus dem Sammler-Paradies >>>
Und gibt es bei so vielen Sparten noch Pläne für die Zukunft?
„Mehr ausführende Beratung, mehr Projekte im Interiorbereich, so wie wir es mit unserer Tischmanufaktur schon realisieren. Dort können sich die Kunden aus alten Hölzern Tische individuell schreinern lassen. Insgesamt möchten wir mehr Veredelungs-Angebote im Bereich Möbel, Lampen, Böden und Wände machen.“ Da bleibt nur zu sagen: Immer her damit!
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Hallo zusammen , ich habe gerade diesen wunderbaren Artikel gefunden .
Unsere Wintergarten Tür ist von da .
Das war für uns ein echtes Erlebnis , in diesen Jahrhunderte alten Baumaterialien zu stöbern .
Leider hatten wir keinen LKW dabei....
Foto : Sabrina Rothe
Garpa Katalog 2010
Originalzustand
Grüsse vom Ommertalhof
Hello , take a look on www.frentz-historische-baustoffe.de/ .
Grüsse vom Ommertalhof